USA. Menschen mit einer
generalisierten Angststörung (GAS) leiden unter unbeherrschbaren Sorgen.
Dazu mag beitragen, dass ihre Wahrnehmung von vornherein einseitig
festgelegt und durch eine pausenlose übermäßige Wachsamkeit geprägt zu
sein scheint. Wie eine Studie von J. F. Thayer und Mitarbeitern andeutet,
könnte generalisierte Angst mit einer „Herzfunktionsstörung“
zusammenhängen. Denn GAS-Patienten reagieren anders mit ihrer
Herzfrequenz auf Stimuli als Gesunde. So gewöhnt sich ihre Herzfrequenz
weniger schnell an neutrale Reize, reagiert sie vergleichsweise deutlicher
mit einer Beschleunigung auf bedrohliche Stimuli und verringert sie sich
angesichts eines bevorstehenden bedrohlichen Reizes „vorsorglich“
(wodurch der Betreffende aufnahmebereiter wird). Diese und andere
Beobachtungen machten Thayer und Kollegen in einem
|
|
Experiment, bei dem sie
33 GAS-Patienten und 33 Gesunden jeweils 20 gepaarte Reize auf einem
Bildschirm anboten. Die Hälfte der Reizpaare hatte einen neutralen Inhalt
(wie „Melodie“, „Plastik“), die andere einen bedrohlichen (wie
„Verletzung“, „blöd“).
Die Autoren weisen darauf hin, dass körperliche
Vorgänge – wie die Variabilität der Herzfrequenz – an der Steuerung
von „Aufmerksamkeit“ beteiligt sind. Dabei scheint besonders die vom
Vagusnerven beeinflusste Herzfrequenzvariabilität ein sehr gutes Maß für
die Fähigkeit des Organismus zu sein, flexibel auf Reize und
Aufgabenstellungen der Umwelt zu reagieren. Offenbar mangelt es Menschen
mit generalisierter Angst an der entsprechenden Flexibilität. Statt
dessen durchforsten sie rigide ihre Umwelt nach Reizen, die sie dann in
monotoner Weise als gefährlich interpretieren. Die
|
|
beschriebenen Vorgänge
laufen möglicherweise automatisch und in entwicklungsgeschichtlich älteren
Hirnbereichen ab (also außerhalb kognitiver Kontrolle).
Nach Ansicht der Wissenschaftler scheint es
jedenfalls eine äußerst enge Beziehung zwischen der Herzregulation und
generalisierter Angst zu geben. Genauere Einblicke in diese Zusammenhänge können
nicht nur das Verständnis des Angstleidens verbessern, sondern auch neue
Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.
J. F.
Thayer u.a.: Phasic heart period reactions to cued threat and nonthreat
stimuli in generalized anxiety disorders. Psychophysiology 2000 (37) 361-368
|